„Volltanken, bitte.“ – „Macht 3cents“

So oder aehnlich spielt sich diese Szene jeden Tag 1000fach in Venezuela ab. Wenn es denn Benzin gibt… in einem Land mit unglaublichen Erdoelvorkommen… Und schon sind wir mitten drin in den alltaeglichen Widerspruechen in diesem unglaublich faszinierenden Land. Heute will ich nur kurz ein paar der taeglichen Herausforderungen der Venezolaner mit euch teilen.
Kurz zur Einfuehrung. Seit geraumen Jahren regiert die Linke, die mit Chavez einen starken aber sehr eigensinnigen Fuehrer hatte. Seit seinem Tod und nach den Neuwahlen vor etwas mehr als einem Jahr heisst der Chef Maduro. Die Wahl war ueberschattet von Gewalt und Ausschreitungen der Befuerworter und Gegner. Die Wahl selbst ging auch recht knapp aus. Das Land ist gespalten. Die hauptsaechlich aermere Bevoelkerung waehlt links, Mittelschicht, Unternehmer etc die Opposition.
Der ganze Wahnsinn faengt beim Wechselkurs an. Offiziell liegt der bei 12 Bolivares fuer 1 Dollar… auf dem illegalen Schwarzmarkt, der allerdings den wahren Wert der Waehrung abbildet, gibt es 100 Bolivares fuer 1 Dollar – und mit dem Umtauschkurs kann man als Auslaender sehr guenstig, aber auch nicht spottbillig durch Venezuela reisen. Daneben gibt es diverse kuenstliche Waehrungskurse, die die Regierung fuer ihre Buerger fuer den Import bestimmter Produkte zur Verfuegung stellt: z.B. 6:1 fuer den Kauf von Lebensmitteln. 50:1 fuer touristische Unternehmungen etc. Und fuer jede Transaktion gibt es Hoechstgrenzen. Und man muss auch erst mal die Erlaubnis bekommen, seine recht nutzlosen Bolivars in Dollar umzutauschen. Etwas verworren und ich hab nicht wirklich durchgesehen. Und das ganze betrifft nicht nur Privatpersonen sondern alle Unternehmen.
So kommt es, dass es zwar massenhaft Autohaeuser gibt, aber alle sind leer. Es fehlt die Genemigung, Bolivares in Dollar zu tauschen und damit neue Autos zu importieren. Fuer den Autokauf (neu) selbst gibts lange Wartelisten. Das wiederrum erhoeht unglaublich die Preise fuer Gebrauchtwagen. Mit jedem Tag werden sie mehr Wert, und zwar auch Inflationsbereinigt… (davon kann man in Deutschland nur traeumen).
Der naechste Wahnsinn sind die Supermaerkte, deren es reichlich gibt. Nur gibts eben nicht alles ueberall. Und die guenstigsten Preise gibts nur in den staatlichen, und da stehen laaaaange Schlangen. Jeden Tag. Genau wie in Apotheken. Manche Dinge, wie zum Beispiel Fleisch, sind nicht immer einfach zu bekommen. Da muss man schon etwas rumlaufen.
Hier mal ein paar Beispiele fuer Preise. Macht euch mal den Spass, das zum offiziellen und Schwarzmarktkurs umzurechnen. Einfaches Zimmer in einer Herberge zwischen 250 und 600 Bolivares. Eine Mittagsmahlzeit 100-200 Bolivares. Metroticket in Caracas 1,50 Bolivares. Frisch gepresster Orangensaft auf der Strasse 25 Bolivares. Busfahrt von 8 Stunden mit besserer Gesellschaft: 400-600 Bolivares. Liter Benzin ca. 0,5 Bolivares.

Und da sind wir beim in Venezuela allueberschattenden Thema Erdoel. So reich das Land ab Erdoel ist, so viel hat es danit zu kaempfen. Trotz Erdoel gibt es oft lange Schlangen an den Tankstellen – gut, der Venezolaner an sich arbeitet auch gern langsan. Manchmal auch gar kein Benzin. Denn das Land verfuegt kaum ueber Raffinerien. Das erledigt Brasilien fuer die Venezolaner. Und laesst es sich fuerstlich vergueten. Und im Grenzgebiet zu Kolumbien gibt es einen grossen Benzinschmuggel – der Preisunterschied ist einfach zu verlockend.
Nun mag man sich auch fragen, warum der Benzinpreis sooo laecherlich gering ist: es ist ein subventioniertes Gut, klar, und seit etwa 30 Jahren hat sich der Preis nicht veraendert. Und das liegt – interessanterweise – an der Korruption. Jeder Versuch der Politiker, den Preis anzuheben endet in enormen Protesten des Volkes und da laesst man es lieber bleiben. Nun sollte man denken, dass bei den hohen Lebenshaltungskosten der Venezolaner an sich bei vielem auf die Strasse gehen sollte, warum also nun beim Benzin, das so spottbillig ist? Ganz einfach. Erdoel ist in Staatsbesitz und am Verkauf, also auch am Verkauf des Benzins, verdient nur einer, der Staat. Und je mehr in die Staatskasse kommt, desto mehr ist da, woraus sich der korrupte Politiker bedienen kann. Also verweigert das Volk dem Staat, die Staatskasse weiter aufzufuellen und entsprechend weiter leer zu raeumen. So einfach 🙂
Wie ihr seht, das Land hat mit vielen Unwaegbarkeiten zu kaempfen. Aber es ist dennoch einen Besuch wert, denn die Menschen sind unglaublich freundlich und offen. Und im naechsten Artikel in Kuerze gibts dann Fotos und meine eigentlichen Erlebnisse.
Bis dahin.