Gross angekuendigt, soll es dann hier auch der Bericht ueber meinen Trek zur verlorenen Stadt zeitnah folgen.
Also erst mal ein paar Worte zur Organisation des Treks. Es gibt einige Agenturen, die diesen Trek anbieten und die in den verschiedenen Reisefuehrern empfohlen werden. Aber seit Anfang August hat sich hier einiges geaendert. Da die verschiedenen Agenturen natuerlich in Konkurrenz zueinander standen, war die Organisation der Treks oft suboptimal. Gruppen der einzelnen Agenturen waren nicht voll, auf dem Trek selbst gab es wohl hin und wieder auch Aerger, welche Gruppe nun welche Unterkunft bekommt, Guides mopsen die von den vorausgehenden Helfern im Busch hinterlegten Fruechte einer anderen Gruppe… Um all diese Probleme zu loesen – und sicher auch das beste fuer die Natur und die Bewohner (viele Bauern (ehemals Coca und Marihuana, nun zumindest nicht mehr direkt an den Wegen des Treks…) und indigene Bevoelkerung) der zu durchlaufenden Gegenden herauszuholen, wurde eine neue Agentur gegruendet, die alle Treks zur verlorenen Stadt organisiert und die Kundschaft der einzelnen Agenturen zu Gruppen zusammenfasst.
Schon immer hat der Trek bei den Agenturen das gleiche gekostet, nun kann man sich auch sicher sein, das gleiche fuer den Preis zu bekommen. Eine Besonderheit ist, dass man entscheiden kann, ob man den Trek in 4,5 oder 6 Tagen machen moechte – je nach persoenlicher Fitness und Geschmack. Und egal, fuer was man sich entscheidet, es sind immer 600.000 Kolumbianische Pesos faellig (ca. 330 US$).
Also, da ich nicht der fitteste und sowieso eher gemuetliche Typ bin und man ausserdem noch alle seine Sachen (also Klamotten, kein Essen Gott sei Dank) schleppen muss, habe ich mich fuer die 5-Tages-Tour entschieden – eine gute Wahl. Auch beim Packen meines Rucksacks habe ich mich an die weisen Worte des Masters of Ultralighttrekking erinnert und tatsaechlich den kleinsten Rucksack gehabt und halbwegs problemlos schleppen koennen sowie nichts vermisst. Danke Thomas!!
Also, los ging es nach dem Aufsammeln meiner Gruppe (5xdeutsch, 2xfranzoesisch, 2xtschechisch) mit dem Auto ca. 2 Stunden mitten ins Nichts – dem Anfang der Tour. Dort wurde sich noch mal gestaerkt, und wers noch nicht getan hatte, durfte seinen Rucksack mit diversen Plastiktueten regenfest machen. Denn es ist Regenzeit, und da regnet es oefter mal am Nachmittag.
Und dann gings los. 600 Hoehenmeter am Stueck, nach dem Mittag, und ziemlich steil bergauf… Puh… also wenn das so weiterginge… Aber die Landschaft drumherum – Atemberaubend!!!
Und die vielen Fluesse haben den weiteren Vorteil, dass man darin ein Bad zur Abkuehlung nehmen kann – und um den groebsten Dreck wieder zu entfernen.
Uebernachtet wurde in der ersten Nacht in Haengematten. Nach so einem Tag kann man darin sogar ganz gut schlafen. Und wenn einen dann solch ein Sonnenaufgang erwartet…
Auch Tag zwei ging wieder viel bergauf, und auch immer wiedermal steil bergab (wer hat sich denn sowas ausgedacht – da muss man auf dem Rueckweg doch dann wieder hoch???). Und es stand viel lernen ueber Kultur auf dem Programm. Denn an diesem Tag sind wir an einem Dorf der indigenen Bevoelkerung des Stammes Kogi vorbeigekommen sowie hatten am Abend die Moeglichkeit mit einem der eher wenig redseligen, sehr schuechternen Kogi zu sprechen.
Grundsaetzlich muss ich hier sagen, dass das ganze eher wie ein Zoobesuch war. Die Kinder und auch Erwachsene waren auf das Bekommen von Suessigkeiten trainiert (und man stelle sich vor, dass da mehrere Gruppen jeden Tag vorbeilaufen) im Gegenzug fuer Fotos.. . eher unschoen, aber wenn sie da nun mal stehen…
Das Dorf im Hintergrund wird uebrigens nur fuer Versammlungen benutzt. Die Familien wohnen eigentlich auf Fincas und kommen nur zu den Versammlungen ins Dorf. Und an den Versammlungen nehmen auch nur die Maenner teil. Und zwar auch nur die, die ueber 18 sind. Erkennbar sind die daran, dass sie diese Kalabasse haben, wie auf dem 2. Bild. Wird dem nun Erwachsenen vom Shamanen ueberreicht. Darin befindet sich eine Paste aus Wasser und Muschelkalk. Zusammen mit dem Speichel vom Kauen der Coca-Blaetter, die mit Hilfe des Holzstaebchens ganz langsam nach und nach aufgetragen wird, ergibt das diese gelbe Erweiterung am oberen Rand der Kalabasse. Das ist fuer jeden ein ganz individuelles Tagebuch…
Abgesehen von der Zoo-Atmosphaere, sind die 4 dort lebenden indigenen Gruppen auch grundsaetzlich weniger erfreut, dass so viele Touristen durch ihre Gegend ziehen und dann auch noch die heilige Staette Verlorene Stadt besuchen. Aber wie das mit indigenen Voelkern in der heutigen Zeit ist, auch diese haben sich dem modernen Leben angepasst (einige haben sogar Haendies, obwohl es da oben nur an einigen wenigen Stellen ueberhaupt Empfang gibt und man sich lokal eher mit einem Walki-Talki-System unterhaelt). Und die Verlockungen von Geldleistungen fuer jeden Touristen, kostenlose medizinische Versorgung, weitere Leistungen, wenn sie dem Anbau von Coca abschwoeren etc. haben die Geister beruhigt und der Touristenstrom fliesst… Nicht alle Indigenen machen das jedoch mit – so gab es bis vor ca. 8 Monaten eigentlich einen anderen Weg, um etwas einfacher zur Verlorenen Stadt aufsteigen zu koennen, aber da gibt es gerade Knatsch zwischen Regierung und Bevoelkerung, so dass der erst mal nicht mehr begangen wird…
Gut, hier dann auch wieder viel gelernt, insbesondere, dass Zoobesuche unschoen sind…
Tag drei dann der Aufsteig auf 800m und Entspannung am Nachmittag um dann am fruehen Morgen von Tag 4 den finalen Aufstieg ueber 1200 Treppenstufen mitten im Wald anzugehen. Vorher lag noch eine Flussdurchquerung an… und wer sich den Fuss verknackst hatte, der hat eine extra komfortable „Mitfahrgelegenheit“ bekommen. Der Rest musste durchs kalte Wasser *baeh*.
Meine Guete war das anstrengend. Aber 3 Stunden durch die Ruinen der 1300 Jahre alten Stadt zu laufen und ueber Aufbau, Struktur, Riten etc. zu lernen, war schon sehr sehr spannend.
Also, die Stadt – Teyuna von den Indigenen genannt – war heiliger Ort, Versammlungsort, Wohnort der Alten und Kranken in einem. Die Shamanen halten hier – auch heute noch – ihre Riten ab. Die meisten Indigenen wohnten und wohnen jedoch weit verstreut in den Bergen und kommen nur fuer besondere Ereignisse und Stammesversammlungen. Mit den Spaniern kam dann auch der Untergang, so dass ab 1650 die Stadt verlassen war und der Wald wieder uebernommen hat. Die Indigenen haben die Stadt nie vergessen, die Bauern der Gegend schon, man wusste nur, dass es da irgendwo heilige Graeber mit Goldbeigaben etc. gab. Um 1974 wurde die Stadt dann von ein paar boesen Jungs auf der Suche nach dem Gold und Anbaugebieten fuer Coca wieder gefunden – die haben aber natuerlich nix zu Behoerden gesagt. Und die Stadt waer wahrscheinlich bis heute verloren, wenn sich die boesen Jungs nicht gegenseitig umgebracht haetten und einer dann einen Mord an seinem Freund bei den Behoerden angezeigt hat – das war 1976. Derjenige hat dann als Belohnung quasi, die anfaenglichen Expeditionen und Ausgrabungen organisieren duerfen und wurde dafuer von der Regierung bezahlt… Seit 1984 wurde die Stadt dann dem Tourismus geoeffnet, der aber natuerlich sehr beschraenkt war. Erst seit ein paar Jahren gehts so richtig ab mit dem Tourismusstrom, so dass die Infrastruktur fuer Uebernachtungen verbessert wird etc. Die kolumbianische Regierung hat einige Plaetze restauriert. Weitere Ausgrabungen und Suche nach praecolumbianischen Gold- und Keramikgegenstaenden wurden allerdings in Absprache mit den Indigenen eingestellt.
So, und dann gings am Nachmittag und Folgetag den ganzen Weg wieder zurueck – runter rauf runter durch Fluesse wieder rauf leichter Regen gutes Essen schlafen noch mehr rauf und etwas runter einmal noch mal steil rauf und dann gaaanz weit runter bei bestem Wetter und in Rekordzeit.
Und dann war die Plackerei vorbei, man freute sich am Erlebten und hat nun ganz viele Erinnerungen (gerade auch an die vielfaeltige Tierwelt – mein Steckenpferd ;-))
Nebenbemerkung: groessere Tiere sieht man eher selten, weil erstens zu viele Menschen zu viel Krach machen und zweitens der so naturverbundene Indigene insbesondere die Affen doch lieber mit Pfeil und Bogen abschiesst, als sich an seiner Praesenz zu erfreuen und die Natur zu verehren…
Und dann gabs 2 Tage fetten Muskelkater, der in Santa Marta bei angenehm heissen Temperaturen auskuriert werden konnte.
Aber Santa Marta hat sich als Ueberraschung fuers zurueckkommen auch noch mal was einfallen lassen und versunkene Stadt gespielt. Ein wohl sehr heftiger Regenschauer kurz vor Ankunft hat die Kanalisation ueberfordert und alle Strassen geflutet. Von nur 20 cm bis Kniehoehe war alles dabei. Da bekommt man auf den letzten Metern noch mal richtig nasse Fuesse.
Und ein bisschen was gelernt haben wir auch noch. Ich habe naemlich noch das Anwesen besucht, in dem Simon Bolivar die letzten 11 Tage seines Lebens verbracht hat. Da ist das Haus zu sehen in dem er starb sowie ein huebscher Garten mit allerlei lustigem Getier. Simon Bolivar ist sowas wie ein Staatsheld, weil er einer der Initiatoren der Aufstaende gegen die Spanier war, die dann 1819 die Unabhaengigkeit von Grosskolumbien (Kolumbien und 4 umliegende Laender) einleiteten.
Die folgenden Tage wurden also fuer Erholung, Entspannung und weitere Planung benutzt. Ergebnisse der Planung dann im naechsten Bericht.