Und wieder einmal müsste ich mich entschuldigen, dass ich mich ewig nicht gemeldet habe. Wobei ich nicht denke, dass ihr viel verpasst habe. Ja, ich war zwischendurch auch noch ein paar mal weg, und es war schön, sehr schön – habe neue Länder besucht (Riga in Lettland) und Freunde besucht (Florida) aber ein Artikel war es mir offensichtlich nicht wert. Mein Gott, hierfür – nicht nur aber auch – habe ich mich endlich durchgerungen, mir einen neuen Laptop zu kaufen – der alte aus 2004 sprach nun wirklich nicht mehr mit meinem Telefon zwecks Fotoaustausch… Also was ist nun anders?
Ich war in Jordanien, allein in einem unbekannten Land mit mir unbekannter Kultur, Sprache, Küche,… Und abgesehen von den vielen schönen, interessanten Dingen, die ich gesehen habe, – Details kommen gleich – war ES da, dieses Gefühl, von dem ich nicht wusste, wie sehr ich es vermisst habe und das mir bisher in keinem anderen Bereich meines Lebens so sehr untergekommen ist, wie beim Reisen: Begeisterung, unendliche Freiheit, vollkommene Zufriedenheit.
Begeisterung
Also Jordanien lässt einem eigentlich keine andere Chance als begeistert zu sein. Zugegeben ich wusste ausser der Felsenstadt Petra – von der ich eigentlich auch keine Vorstellung hatte – nicht wirklich, was mich sonst noch erwartet, aber wozu auch, es ergibt sich schon irgendwas. Aber was ich sehen, lernen und erleben durfte, hat sämtliche Erwartungen, die man so haben kann, übertroffen.
Also, fangen wir mit dem Offensichtlichen an. Der Kultur.
Angefangen habe ich Madaba, das bekannt für seine Mosaike aus dem 4. bis 6. Jahrhundert in ist. Das bekannteste Mosaik ist sicher die sehr detaillierte Karte der gesamten Region, von der man ausgeht, dass sie für christliche Pilger als Information diente. Es war ein sehr detailliertes Mosaik, groß und ausführlich, wenn man denn mal identifiziert hat, was man da gerade sieht. Aber noch viel spannender fand ich die Vielfalt der weiteren Mosaike, die man in Kirchen und Wohnhäusern gefunden hat mit Motiven aus der griechischen Mythologie, biblischen Szenen oder, nachdem die Islamisierung gestartet hat und Darstellung von Personen eher verpönt waren, mit sehr detailreichen Ornamenten.
In Madaba lerne ich dann auch ein Pärchen kennen, mit denen ich mir ein Taxi geteilt habe, um über die Königsstraße, deren Verlauf schon vor 5000 Jahren zum Handel benutzt wurde, auf der es aber keinen öffentlichen Verkehr gibt, nach Petra zu kommen. Dieser Weg hat gegenüber der schnelleren Wüstenautobahn definitiv den Namen Scenic Route verdient. Und ein kurzer Stopp zum Besuch des Schlosses in Karak war auch noch drin.
Und dann war ich da, das eigentlich Ziel meiner Reise. Wadi Musa, der Ausgangsort für Petra.
Das hier kennt man ja – das Schatzhaus – ist man früh genug da, hat man das alles fast ganz für sich:
Die Nabatäer waren hochentwickelte Kultur, die vor 2000 Jahren in der Wüste funktionierende Wassersysteme, Prachtbauten, eine ganze funktionierden Stadt angelegt hat, als Mittelpunkt eines recht großen Reiches, über das sie ein paar Jahrhunderte regiert haben. Also neben „einfach nur schön“ auch „Respekt“ für die Leistungen. Und wieder was gelernt… Und neben der Geschichte und Architektur hat mich auch einfach die Landschaft umgehauen. Ganze drei Tage habe ich fast jeden Winkel des Gebiets erkundet, immer wieder Neues entdeckt. Und weil ich ja Urlaub habe und mir das ganze Programm geben wollte, habe ich mir das ganze auch noch mal bei Nacht angesehen, was wiederrum einen ganz eigenen Flair hatte. Na gut, auf die 300 anderen, zumeist leider doch lauten Menschen hätte ich verzichten können, aber es war trotzdem sehr schön.
Also insgesamt Prädikat: Unbedingt sempfehlenswert.
Und nach den drei Tagen brauchte ich erst mal eine Pause um das alles auch verarbeiten zu können. Und ich wollte mich nun, nachdem ich bisher allein unterwegs war, nun aktiv auch um Kontakt zu anderen Reisenden bemühen. Also fuhr ich in die Hauptstadt Amman in ein Hostel, ohne großen Plan. Und da habe ich eine Woche verbracht, Tagesausflüge gemacht, mit Leuten rumgehangen, in netten Cafes Kaffee getrunken, lecker gegessen, gelesen, einfach das gemacht, wonach mir in dem Moment war. Es war grandios.
Ausflug zu den Desert Castles – 3 Schlösser, 3 Stile, unglaubliche Weite der Wüste und das ganze ziemlich nah an Irak und Saudi Arabien. Und im Schloss von Azraq hat auch mal Laurence von Arabien übernachtet…
Kaffeekultur und gutes Essen: Der Kaffee wird türkisch / arabisch getrunken und mit Kardamom gemischt. Das ist erst mal sehr gewöhnungsbedürftig aber man gewöhnt sich sehr schnell dran, und weil der Kaffee sehr stark ist, fliegt man auch irgendwie den ganzen Tag 🙂
Das Tote Meer – schweben auf der Wasseroberfläche und einfach mal alle viere von sich strecken
Amman kann was – die Hauptstadt Jordaniens hat mich überzeugt. Neben unglaublich viel Kultur an jeder Ecke gibt es einfach auch sehr viele spannende Orte zu entdecken. Es macht einfach Spass, sich durch die Straßen treiben zu lassen.
Jerash – die Römer haben ihre Spuren sehr deutlich und sehr beeindruckend hinterlassen.
Und neben allen diesen unglaublich spannenden Orten passte auch das Umfeld.
Die Jordanier sind ein unglaublich nettes Volk. Werden einem sonst in vielen Ländern der Welt im Vorbeigehen hin und wieder unflätige Wörter ins Ohr gehaucht, überraschten mich die Jordanier oft mit einem „Welcome to Jordan“, „I hope you enjoy Jordan“, „How do you like my city?“. Auch die von Natur aus nervigen Souvenirverkäufer und Taxifahrer sich haben nach einem einmaligen „Nein Danke“ mit einem „Welcome to Jordan“ verabschiedet. Es sprechen erstaunlich viele Menschen ein erstaunlich gutes Englisch. Meist leider Männer, mit denen ich, zumindest wenn ich ohne männliche Begleitung, unterwegs bin, nicht so gut und lang ins Gespräch kommen kann, wie ich es vielleicht will und nicht jeden Aspekt ihres Lebens diskutieren will und kann, um die Religion dort zu respektieren und keine Grenze auch für mich zu überschreiten, aber auch mit ein paar Frauen habe ich gesprochen (meist Studentinnen) oder zumindest mit Händen und Füßen kommuniziert.
Und neben den Jordaniern sind auch die Reisenden dort nicht unbedingt die, die man auf dem Pancake Trail in Asien oder dem Gringo-Trail in Südamerika trifft. Es sind meist nicht die zwanzig-jährigen, sondern alle etwas drüber bis sehr weit drüber, die entweder schon viel gesehen haben oder sich aktiv für Regionen entscheiden, die eben nicht ganz im Durchschnitt liegen. Ich habe wieder einmal eine unglaubliche Bandbreite an unterschiedlichen, spannenden Menschen getroffen – gehäuft -, mit denen man zu Hause eben einfach weniger in Kontakt kommt.
Unendliche Freiheit
Nicht zu wissen, was man in einer halben Stunde macht, in 4 Stunden geschweige denn morgen, nächste Woche…? 100%-igen Einfluss auf die Entscheidung: Links oder rechts? Nochn Kaffee oder auf Erkundungstour gehen? Wüste oder Berge? Allein oder mit neuen Bekannten? Muss ich unbedingt sehen oder hab ich einfach keine Lust drauf, obwohl alle sagen man sollte?
All das hatte ich. Für 11 Tage.
Vollkommene Zufriedenheit
Im Café sitzen, einen guten Kaffee oder Limetten-Minz-Sadt trinken, über die Dächer der Stadt blicken, an nichts und alles denken, die Menschen beobachten, leckeres Essen, ein gutes Buch oder nettes Gespräch, was kann es besseres geben?
Und nun?
Ja, ich bin wieder zurück, obwohl ich nicht nur einmal drüber nachgedacht habe, wie es wäre, mit neuen Bekannten oder alleine einfach weiterzuziehen. Und ich bleibe auch hier. Aber ich muss auch immer weiter. Und daher ist der nächste Urlaub schon geplant. Ende Januar gehts nach Israel. Neben den sicherlich vielen schönen und interessanten Dingen die ich sehen und erleben werde, kann ich auch einen guten Freund besuchen, den ich seit 10 Jahren nicht mehr gesehen habe. In nur 10 Tagen werde ich dann wieder versuchen, dieses Gefühl einzufangen.